ESG-Tools richtig auswählen: Erfolgsfaktoren, Fallstricke und Praxiserfahrungen aus dem tool-gestützten Nachhaltigkeitsmanagement

Die Themen Nachhaltigkeit und ESG (Environmental, Social, Governance) rücken in Unternehmen zunehmend ins Zentrum strategischer Entscheidungen. Gesetzliche Anforderungen wie die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), die EU-Taxonomie oder die CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) verpflichten viele Unternehmen zur strukturierten Berichterstattung. Andere, insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), sehen sich freiwillig in der Verantwortung – oft auch auf Druck ihrer Kunden.

Ein entscheidender Hebel für die erfolgreiche Umsetzung ist die Wahl des richtigen ESG-Tools. In unserem Webinar „ESG-Tools: Auswahl, Erfolgsfaktoren und Fallstricke“ gaben Thomas Liebetruth und Helena Seidl praxisnahe Einblicke, wie Unternehmen diesen Auswahlprozess erfolgreich gestalten – und worauf sie achten sollten.

Warum ESG-Tools überhaupt notwendig sind

Nachhaltigkeit im Unternehmenskontext ist kein bloßes Trendthema mehr – sie ist Pflicht und Verantwortung zugleich. Die Vielzahl an relevanten Datenpunkten, die über Unternehmensbereiche hinweg erhoben und konsolidiert werden müssen, macht digitale Unterstützung unerlässlich. ESG-Tools helfen:

  1. die Anforderungen regulatorischer Rahmenwerke zu erfüllen,

  2. digitales, strukturiertes Datenmanagement zu betreiben,

  3. interne Prozesse effizient zu steuern,

  4. Risiken zu analysieren und

  5. Berichte automatisiert zu erstellen.

Zudem bieten viele Tools integrierte Funktionen für Wesentlichkeitsanalysen, Lieferketten-Monitoring oder CO₂-Fußabdruckberechnungen.

 

Beispiel:

Ein mittelständisches Logistikunternehmen möchte seine ESG-Daten effizient erfassen, verwalten und für den Nachhaltigkeitsbericht aufbereiten. Bisher wurden ESG-Daten manuell in Excel-Tabellen gepflegt – das ist fehleranfällig und zeitaufwendig.

Lösung:
Eisberg begleitet das Unternehmen durch den gesamten Prozess der Tool-Auswahl:

  1. Anforderungsanalyse: Workshops mit den Abteilungen Einkauf, Logistik, Personal und IT, um die ESG-Datenbedarfe zu identifizieren.

  2. Toolauswahl: Basierend auf unserer umfassenden Datenbank und Marktkenntnis erstellen wir eine Shortlist geeigneter Tools und moderieren Tool-Demonstrationen.

  3. Implementierung: Wir begleiten die technische Einrichtung, den Datenimport und die Integration in bestehende Systeme.

  4. Mitarbeiterschulung: Durch gezielte Trainings stellen wir sicher, dass das Team das Tool sicher und effizient nutzt.

  5. Kontinuierliche Optimierung: Wir passen das Tool an neue regulatorische Anforderungen und Unternehmensziele an.

 

Der ESG-Tool-Markt: fragmentiert und dynamisch

Der Markt ist extrem vielfältig - es gibt über 500 ESG-Tools mit stark variierenden Schwerpunkten. Einige fokussieren sich auf CO₂-Emissionen, andere auf Compliance oder Lieferketten. Kein Tool deckt bislang alle Anforderungen in gleicher Qualität ab. Bekannte Plattformen wie IntegrityNext, Workiva oder Daato bringen jeweils eigene Stärken mit – die Herausforderung besteht darin, das passende System für die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens zu finden.

Auch rechtlich verändert sich vieles: So hat die EU-Kommission im Februar 2025 eine Omnibus-Verordnung vorgelegt, die den Berichtspflichten neuen Zuschnitt verleiht – insbesondere mit Blick auf Bürokratieabbau. Nur noch 20 % der ursprünglich betroffenen Unternehmen werden direkt berichtspflichtig sein. Dennoch bleiben auch kleinere Betriebe indirekt eingebunden, da sie weiterhin Daten an größere Partner zuliefern müssen. Es bleibt zu beobachten wie sich diese Entwicklung auf den Tool-Markt auswirkt.

Der Auswahlprozess: strategisch und strukturiert

1. Ziel Toolunterstützung und Berichtspflicht klären

Zunächst gilt es zu klären, ob das Unternehmen berichtspflichtig oder freiwillig berichtend ist. Das beeinflusst direkt den Umfang des Tools. Freiwillige Berichterstattung erlaubt mehr Flexibilität – Pflichtberichte nach ESRS hingegen erfordern eine sehr hohe Detailtiefe (bis zu 1.100 Datenpunkte).

2. Wesentlichkeitsanalyse durchführen

Auch wenn freiwillig, empfiehlt sich eine Wesentlichkeitsanalyse als Basis. Sie definiert, welche Themen für das Unternehmen besonders relevant sind – ob CO₂, Menschenrechte, Arbeitsbedingungen oder Governance. Die identifizierten Schwerpunkte bilden die Grundlage für die Auswahl und Konfiguration eines ESG-Tools.

3. Bestandsaufnahme der Datenlandschaft

Welche Daten liegen bereits vor, wo und in welcher Form? In Papier, Excel, Datenbanken oder ERP-Systemen? Hier lohnt es sich, strukturiert vorzugehen, um die spätere Schnittstellenplanung optimal gestalten zu können. Tools können nur so gut sein wie die Daten, mit denen sie gespeist werden.

 

Technische Anforderungen: Integration oder Standalone?

Ein ESG-Tool muss nicht zwangsläufig tief integriert sein – insbesondere in der Anfangsphase. Doch langfristig ist das sogenannte „Functional Placement“ entscheidend: Wie passt das Tool in die bestehende Systemlandschaft? Soll es API-Anbindungen zu ERP-Systemen geben? Können Berichte automatisiert aus bestehenden Daten erzeugt werden?

Je nach Digitalisierungsgrad und Ressourcenlage kann die Abwicklung über Excel und Word-Templates ausreichend sein, ein PowerBI-Dashboard, eine Standalone-Lösung in Form einer Plug-and-Play-Applikation, oder aber eine vollständige integrierte Lösung mit Schnittstellen geeignet sein.

Erfolgsfaktoren im Auswahlprozess

  1. Ziele definieren & kommunizieren
    Ohne klar formulierte Ziele kann kein Tool optimal genutzt werden. Ist das Ziel automatisiertes Reporting? Risikoanalyse? Stakeholder-Kommunikation? Prof. Dr. Thomas Liebetruth betont: „Es braucht von Anfang an eine Roadmap mit definierten Use Cases.“

  2. Stakeholder einbinden
    Ein häufiger Fallstrick: Das Tool wird angeschafft, aber intern fehlt die Unterstützung – insbesondere auf Führungsebene. Die Einbindung der relevanten Abteilungen (IT, Controlling, Einkauf, Personal, Produktion) von Anfang an ist entscheidend, um Datenzugang, Akzeptanz und Relevanz sicherzustellen.

  3. Langfristige Skalierbarkeit sicherstellen
    Auch wenn man klein startet: Das Tool sollte mit dem Unternehmen wachsen können. Wer heute nur den CO₂-Fußabdruck berechnet, möchte morgen vielleicht auch Lieferkettenrisiken oder Biodiversität abbilden. Helena Seidl rät daher, von Beginn an auf skalierbare Lösungen zu setzen.

  4. Proof of Concept & Evaluation einplanen
    Eine bewährte Praxis ist ein einjähriger Pilotlauf mit anschließender Evaluation. Die meisten Tools werden ohnehin als Cloudlösung mit jährlicher Abrechnung angeboten. Dies ermöglicht flexibles Testen und reduziert das Risiko einer Fehlentscheidung.

Fallstricke, die man vermeiden sollte

  1. Unklare Datenquellen: Wenn nicht dokumentiert ist, woher Daten stammen oder wie sie erhoben wurden, scheitert spätestens die externe Prüfung.

  2. Overengineering: Kleine Unternehmen brauchen nicht immer ein High-End-System. Manchmal reichen Excel-Templates oder Low-Code-Lösungen.

  3. Schnittstellenprobleme: Technische Schnittstellen müssen frühzeitig geklärt und sauber implementiert werden – sonst droht Datenverlust oder Sicherheitsrisiko.

  4. Fehlendes Erwartungsmanagement: Wenn nicht klar ist, was das Tool leisten soll (und was nicht), führt das zu Frustration. Use Cases müssen vorab definiert werden.

Kostenmodelle im Überblick

ESG-Tools sind in der Regel Cloudlösungen mit Abo-Modellen. Die Preise und Funktionalitäten variieren aber stark:

  1. Einsteigermodelle (z. B. Templates, begrenzte Funktionssets): ab ca. 2.000–5.000 €/Jahr

  2. Standardlösungen (inkl. CO₂-Tools, Reporting, Dashboards): ca. 10.000–50.000 €/Jahr

  3. Enterprise-Lösungen (mit Schnittstellen, Beraterzugang, Compliance-Modulen): ab 100.000 €/Jahr

Zusätzlich kommen oft Implementierungskosten (3.000–15.000 €) sowie optionale Beratungspakete hinzu. Die Entscheidung sollte daher auch an Budget, Unternehmensgröße und strategischem Ziel ausgerichtet sein.


Nachhaltigkeit strategisch managen – nicht nur berichten

Ein ESG-Tool kann mehr sein als ein Berichtswerkzeug – es kann zur Steuerungszentrale des Nachhaltigkeitsmanagements werden. Dafür braucht es jedoch eine klare Verzahnung mit den Unternehmensprozessen, Datenquellen und Zielen. Ob als Einstieg mit Excel oder mit vollintegriertem System: Wichtig ist die kontinuierliche Weiterentwicklung.

 

Fazit

Die Auswahl eines ESG-Tools ist kein reines IT-Projekt – sondern eine unternehmensstrategische Entscheidung mit hoher Reichweite. Wer frühzeitig die richtigen Fragen stellt, Stakeholder einbindet und mit realistischen Zielen startet, kann langfristig Kosten sparen, Risiken minimieren und nachhaltigen Mehrwert schaffen.

Die Kernbotschaft unseres Webinars: Planen Sie strategisch, starten Sie pragmatisch – und denken Sie langfristig.

Oft stoßen unsere Kunden im Toolauswahl-Prozess auf tieferliegende Herausforderungen, deren Lösung vorgelagert oder nachgelagert Sinn macht. Unser interdisziplinäres Team steht dafür gerne zur Unterstützung bereit, u.a. für diese Themen:  

  1. Ausschreibungsmanagement: Erstellung und Begleitung von Ausschreibungen für digitale Tools

  2. Digitalisierung & Prozessoptimierung: Analyse, Verbesserung und Automatisierung Ihrer Unternehmensprozesse

  3. Nachhaltigkeitsberichte & Datenmanagement: ESG-Daten erfassen, strukturieren und berichtsfähig machen

  4. Workshops & Trainings: Lean Management, Prozesslandkarte, Design Thinking

  5. Projektbegleitung: Agile, klassische oder hybride Projektführung

  6. Low- und No-Code-Lösungen: Sie entscheiden sich gegen eine neue Standalone-Lösung? Wir bieten Entwicklungsbegleitung und individuelle Anpassung mit bestehenden Systemen wie z.B. M365 an

Vereinbaren Sie jetzt ein unverbindliches Erstgespräch mit uns!


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